Dezember 2021 – Martinique Magnifique
Die ersten beiden Tage im Yachthafen von Le Marin sind von Erledigungen geprägt. Der erste Weg führt uns ins Hafenbüro. Das Einklarieren geht schnell und unbürokratisch. Wir tippen unsere Daten in einen PC, speichern sie und drucken sie aus. Madame vom Hafenbüro haut nur noch ihren Stempel drauf und fertig. Aber mir wird bei der Prozedur schwummerig. 30 Grad, hohe Luftfeuchtigkeit und die beginnende Entspannung überfordern scheinbar meinen norddeutschen Organismus. Während Marius die restlichen Formalitäten erledigt bin ich froh über die Bank, die vor dem Office steht. Eine eiskalte Coke bringt mich dann auch wieder auf Betriebstemperatur. Gegenüber entdecken wir dann einen kleinen Autoverleih und buchen ein kleines Auto, um Britta vom Flughafen abholen zu können. Es ist wohl zurzeit sehr schwierig, einen Wagen zu bekommen. Auf der Insel wird gestreikt und Autos sind sowieso knapp. Aber wir haben Glück.
Als das Handy klingelt habe ich Britta mit einer schlechten Nachricht dran. Ihr Flieger ist in Paris früher gestartet, ohne dass man sie informiert hat. Aber sie hat sich schon ein Zimmer genommen und kommt einen Tag später. Einige Stunden später meldet sich meine Brittfrau erneut. Sie hat sich einen Magen-Darm-Virus eingefangen und weiß nicht, ob sie „Fit to fly“ ist. Wir sind beide sehr enttäuscht, es ist wie verhext.
Aber wir machen weitere Erledigungen, kaufen ein und räumen das Schiff weiter auf, genießen aber zwischendurch auch immer mal ein Bierchen oder einen Ti Punch, die karibische Antwort auf den Caipirinha. Rhum agricole, etwas Zuckerlikör und etwas Limette. Ich habe schon schlimmeres getrunken.
Marius gelingt es, einen Termin für die Reparatur unseres Diesels zu vereinbaren, er kommt nach dem Wochenende. Ich bin sehr gespannt auf die Diagnose.
Am nächsten Morgen meldet sich dann Britta, es geht ihr besser und sie sitzt schon am Gate. Aus dem Stein, der mir vom Herzen fällt, könnte man direkt eine neue karibische Insel schaffen. Nachmittags hole ich sie dann mehr als rechtzeitig vom Flughafen ab. Ich nehme mir fest vor, beim Wiedersehen nicht zu Weinen. Aber ich stelle fest, dass einem nicht alles im Leben gelingen kann...
Am Montag geht pünktlich wie verabredet ein Speedboot neben uns längsseits, an Bord der Techniker von Yanmar. Ich versuche ihm auf englisch zu erklären, was passiert ist. Er checkt systematisch die Maschine durch und kommt zu dem Ergebnis, dass es wohl den Anlasser erwischt hat. Vermutlich ist der Anlasser nach dem Starten nicht wieder ausgerückt und der Diesel hat ihn solange weiter gedreht, bis er überhitzt war. Der Monteur klärt telefonisch, ob ein neuer Anlasser auf dem Lager verfügbar ist. Qui, erklärt er mit breitem Lächeln, es ist einer da. 45 Minuten später geht er mit seinem Speedboot erneut längsseits und eine Stunde später startet unser Motor wieder so zuverlässig, wie er es die letzten zwölf Jahre immer getan hat. Ich bin sehr froh, dass wir als ersten Hafen Le Marin gewählt haben. In der Marina und der Bucht liegen über 2000 Schiffe und entsprechend gut ist der Service hier. Selbst ein kaputtes Ventil von unserem Schlauchboot bekomme ich problemlos bei einem der Schiffsausrüster.
Britta an Bord, die Maschine und alle Systeme laufen, die Tanks wieder gefüllt. Nachdem die ersten Tage noch mit etwas Anspannung verbunden waren, kann nun unser karibischer Winter endgültig beginnen. Wir laden Udo und Sabine von der Uplace zum Grillen an Bord ein und erleben einen tollen Abend. Marius holt seine Ukulele an Deck und der Bordeaux fließt. Auch wenn es bereits um 18 Uhr dunkel wird, hält sich die Wärme lange. Die Temperatur fällt kaum unter 25 Grad, und so sitzen wir lange im Cockpit.
Am nächsten Tag machen wir unseren ersten Ausflug mit dem Schlauchboot zum Strand von Saint Anne. Ein Träumchen. Wir spannen eine Hängematte zwischen den Palmen, baden im 28 Grad warmen türkisblauen Meer und trinken Bier in der Strandbar. Ein Traum. Auf dem Rückweg müssen wir gegen den Wind durch die gesamte Bucht von Le Marin. Eine kurze, steile Welle steht gegenan und als wir wieder am Boot sind, sind wir pitschenass, aber sehr zufrieden.
An Marius 33. Geburtstag machen wir zusammen mit Sabine und Udo einen Ausflug über die Insel. Wir sind überwältigt von der Schönheit Martiniques. Wir sehen Strände, Palmen und schöne Küstenstädtchen, aber auch Berge und Regenwald. Wir machen eine kleine Wanderung entlang eines alten Bewässerungssystems. Der Weg ist nur ca. 60 Zentimeter breit. Auf der einen Seite fließt das Wasser, auf der anderen Seite geht es teilweise über 100 Meter steil bergab. Aber wir erleben spektakuläre Ausblicke in das üppig grüne Tal.
Weiter im Norden erreichen wir Saint Pierre. Die nette Küstenstadt, in der wir Mittag essen, wird überragt vom Montagne Pele. Der Vulkan hat Anfang des letzten Jahrhunderts mit einem Ausbruch die komplette Stadt ausgelöscht. Die Legende sagt, es gab nur einen Überlebenden, einen Insassen des Gefängnisses. Aber heute liegt der Berg friedlich da, wir umfahren ihn und finden auf der Ostseite einen spektakulären Regenwald vor. Über eine halbe Stunde fahren wir in engen Serpentinen bergab, sehen Riesenfarne und andere exotische Pflanzen.
Am 11. Dezember verlassen wir die Marina von Le Marin und segeln Richtung Norden. Uns erwartet wunderbarer Passatwind, unser Kurs führt uns entlang der Küste geschützt in die Bucht von Grand Anse d'Arlet. Kurz vor der Bucht passieren wir den Rocher Diamant. Der riesige, spektakuläre Felsen diente den Briten lange als Festung gegen die Franzosen und erlangte sogar den Status eines Kriegsschiffes. Diese Briten.
In der Bucht bringt uns ein Schlauchboot zu einer Mooringboje, wo wir für 10 Euro die Nacht sicher liegen, ohne das eigene Ankergeschirr zu benutzen. Die Bucht ist ein beliebtes Ausflugsziel, sowohl für Yachten als auch von der Landseite aus. Weißer Strand, Palmen Strandbars. Und im Hintergrund in den grünen Hügeln Wochenendvillen. Wir bezahlen spontan für zwei Nächte, und so verbringen wir auch meinen Geburtstag am nächsten Tag hier. Selten habe ich einen entspannteren Tag verbracht. Bereits um 9.30 Uhr mischen wir uns einen Ti Punch, gehen schwimmen und beobachten die Schildkröten, die in dem fünf Meter tiefen, türkisblauen Wasser leben. Mittags erwartet uns tolles Essen in einer der Strandbars. Zwischen den Gängen springen wir kurz ins Meer, um uns etwas abzukühlen. So haben wir uns das karibische Leben vorgestellt, wir fühlen uns rundum entspannt. Yomen!
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